In der heutigen Ausgabe freuen wir uns, ein exklusives Interview mit Oliver Reiß präsentieren zu können. Reiß, der maßgeblich an der erfolgreichen letzten Saison in der Staffel Nord/Nordost beteiligt war, gibt einen tiefen Einblick in die Leistung seines Teams, das nur eine Niederlage einstecken musste.
Das Gespräch behandelt eine Reihe von Themen, darunter die Erfolge und Herausforderungen des vergangenen Jahres, die Rolle des Trainerwechsels bei der Profimannschaft und die aufkeimende Konkurrenz innerhalb der Stadtgrenzen. Während Reiß die bemerkenswerte Entwicklung seiner Mannschaft betont, spricht er auch offen über die wenigen Rückschläge der Saison, etwa das unglückliche Ausscheiden im DFB-Pokal-Halbfinale gegen den späteren Pokalsieger Köln.
Das Interview wirft zudem einen Blick auf die Zukunft und die Pläne von Oliver Reiß und seiner Mannschaft. Er diskutiert die Auswirkungen des Abstiegs der Profimannschaft auf seine Arbeit und den stetigen Aufstieg des Stadtrivalen Union Berlin.
Dieses Gespräch bietet eine aufschlussreiche Perspektive auf den Stand des Fußballs in Berlin, die Sie sicherlich interessant finden werden. Wir wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre!
Sie haben die letzte Saison in der Staffel Nord/Nordost als Erster abgeschlossen, dabei nur eine Niederlage einstecken müssen. Welches Fazit würden Sie aus der Runde ziehen?
Oliver Reiß: Sie erwähnen es, nur eine Niederlage. Da bleibt mir gar nichts anderes übrig, als hochzufrieden zu sein. Es geht dabei auch nicht nur darum, wie viele Punkte wir geholt haben, sondern auch um die tolle Entwicklung, die die Mannschaft genommen hat. Es war eine super Saison – als i-Tüpfelchen kommt noch hinzu, dass der eine oder andere Spieler Einsätze bei den Profis sammeln konnte.
In der Meisterschaftsrunde haben Sie sich im Halbfinale bereits im Hinspiel gegen Dortmund beim 0:4 ein tiefes Loch gegraben – zu tief, um das Finale zu erreichen. Die schlechteste Saisonleistung zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt?
Oliver Reiß: Nein, das würde ich nicht einmal sagen. Wir hatten gegen den BVB die schwächsten zehn Minuten in der Saison, haben drei Tore kassiert. Die Leistung war in den restlichen 80 Minuten eigentlich ganz gut. Die Enttäuschung hält sich auch wegen dem Rückspiel in Grenzen. Einerseits, weil die Mannschaft eine Entwicklung genommen und 1:0 gewonnen hat. Darüber hinaus war die Leistung noch besser als das Ergebnis. Bis zu dem Zeitpunkt hatte niemand gegen den BVB so gut gespielt wie wir.
Im DFB-Pokal haben Sie im Halbfinale 9:8 nach Elfmeterschießen gegen den späteren Pokalsieger Köln verloren. So nah dran, dann in der Lotterie zu verlieren, ist das schmerzhaft oder verbuchen Sie das einfach als Pech?
Oliver Reiß: Ich würde lügen, wenn ich jetzt sagen würde, dass ich nicht enttäuscht gewesen wäre. Das Elfmeterschießen hat für den Moment danach nochmal eine größere Enttäuschung ausgelöst. In dem Moment ist das schon bitter. Aber mit ein bisschen Abstand kann man es besser einordnen. Die Leistung war echt gut, als Trainer stelle ich das höher als das reine Ergebnis. Am meisten ärgert mich, dass den Spielern die Chance genommen wurde, das Finale zu spielen. Dabei geht es gar nicht unbedingt um den Titel, sondern um die Erfahrung, den Trubel drum herum.
Union Berlin hat die Hertha bei den Profis in den letzten Jahren überholt. Im Jugendbereich waren die Kräfteverhältnisse aber klar verteilt, zu ihren Gunsten. Doch in der vergangenen Saison wurde Union in der Nordstaffel Vierter, hat mit Marco Grote einen erfahrenen Trainer, der die Staffel gut kennt. Die eine Saisonniederlage, von denen wir es schon hatten, hat Ihnen Union zugefügt. Außerdem verpflichten die Eisernen für die kommende Saison zum ersten Mal Spieler außerhalb von Berlin. Wächst da ernsthafte Konkurrenz innerhalb der Stadtgrenzen heran?
Oliver Reiß: Wenn man die Entwicklung der Profimannschaft anschaut, war das ja nur eine Frage der Zeit, dass die Akademie nachzieht. Stand Jetzt haben wir im Jugendbereich noch klar die Nase vorn, aber da wächst definitiv Konkurrenz heran. Die Champions-League-Millionen schaden Union sicherlich auch nicht. Wir sind wach!
Welche Rolle spielt der Abstieg der Profimannschaft für Ihre Arbeit?
Oliver Reiß: Wie wir ausbilden und wie wir Fußball spielen, beeinflusst das nicht. Der Schritt war auch in der ersten Liga nicht so groß, auch in der Abstiegskampfphase haben unsere Spieler Einsätze bekommen. Aber: In der Kombination aus zweiter Liga und dem Trainer Pál Dárdai, könnte die Arbeit der Akademie an Gewicht gewinnen.
Sie haben Pál Dárdai angesprochen. Die Vereinslegende bleibt Cheftrainer, kennt den Verein wie niemand anderes. Hilft Ihnen das?
Oliver Reiß: Definitiv. Uns konnte wohl nichts Besseres passieren. Der Verein will mehr auf die Jugend setzen und Dárdai hat ein ausgeprägtes Verständnis für die Arbeit der Akademie. Der Austausch ist entsprechend noch enger. Auch bei punktuellen Einsätzen der Spieler im Training oder in Pflichtspielen hilft das sicher. Allerdings ist der Unterschied für meine alltägliche Arbeit auf dem Trainingsplatz nicht allzu groß.